Schützen Grenzwerte?

Die in Deutschland geltenden Grenzwerte fußen auf Wärmeeffekten. Bei Strahlung mit hoher Leistung wird – wie im Mikrowellen-Ofen – Gewebe erwärmt, man nennt dies „thermische Effekte“. Das ist schädlich, und davor sollen die Grenzwerte schützen.

Viele Forscher haben allerdings mit Strahlungsleistungen weit unterhalb der Grenzwerte bereits schädliche Wirkungen gefunden – beispielsweise oxidativer Zellstress [41], wodurch freie Radikale entstehen, DNA-Einzelstrangbrüche [42], eine verminderte Qualität menschlicher Spermien [43] und auch bei Frauen könnte durch elektromagnetische Felder die Fruchtbarkeit beinträchtigt werden [44].

In Forschungsarbeiten mit Bienen wurde festgestellt, dass diese unter Mobilfunkstrahlung schlechter zum Bienenstock zurückfanden [45] und ganze Bienenvölker sich schlechter entwickelten [46], Ratten entwickelten Krebs [47], Jugendliche bekamen nach Handytelefonaten Gedächtnisstörungen [48] und vieles andere mehr.

Das Problem mit dem Wort „Beweis“:

Trotz der vielen Forschungsarbeiten ist es schwierig, den Beweis zu erbringen, dass auch ohne eine Erwärmung des Gewebes Krankheiten durch Funkstrahlung ausgelöst werden. Das Wort „Beweis“ ist in der Wissenschaft eng gefasst. Ein Beweis für eine etwaige Schädlichkeit von Funkstrahlen setzt voraus, dass andere Einflüsse, die ebenfalls ähnliche Reaktionen im Körper oder Gewebe hervorrufen können, zuverlässig ausgeschlossen werden und dass Testpersonen unter Strahlenexposition immer gleich reagieren. Es ist wie bei Wetterfühligkeit, die sich ja auch nicht bei jedem Wetterwechsel gleich äußert: Selbst bei derselben Testperson lassen sich die Auswirkungen einer Exposition mit hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung nicht immer reproduzieren, bei unterschiedlicher Tagesverfassung und Umwelteinflüssen kann die Reaktion sehr individuell ausfallen.

Da diese verschiedenen Faktoren klare Rückschlüsse erschweren, gelten viele Forschungen an Menschen nicht als „Beweis“. Bei Tier- und Zellstudien wiederum kann man die Ergebnisse nicht ohne Weiteres eins zu eins auf den Menschen übertragen.

Ohne unbestrahlte Kontrollgruppe kein Beweis möglich?

Besonders schwierig zu untersuchen sind Langzeiteffekte an Menschen, da diese im Alltag vielen unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt sind und eine unbestrahlte Kontrollgruppe in der heutigen Zeit nur sehr schwierig zu realisieren ist. Um den Effekt von Mobilfunkstrahlung anhand der Bevölkerung aussagekräftig abbilden zu können, ist diese Kontrollgruppe aber nötig. Deshalb ist es so gut wie unmöglich, mit Studien an Menschen den „Beweis“ zu erbringen, dass Mobilfunkstrahlung beispielsweise Krebs auslösen kann.

In der Wissenschaft spricht man deshalb oft von „hinreichend wahrscheinlich“ oder von „Inzidenz“ nicht von „Beweis“, wenn eine gewisse Zahl von Hinweisen auf einen bestimmten Sachverhalt vorliegen oder bei einem bestimmten Prozentsatz der untersuchten Tiere, Menschen oder Organismen negative Wirkungen hervorgerufen werden konnten.

Auch wenn viele Studien eher auf eine Unschädlichkeit hinweisen und es äußerst schwierig ist, einen wissenschaftlichen Beweis zu erbringen, gibt es doch hunderte Studien, die schädliche Wirkungen verschiedenster Art dokumentieren [49]. Wir wären also gut beraten, mit Funkwellen vorsichtig umzugehen.

Ohne Beweis kein Handlungsbedarf?

Das Bundesamt für Strahlenschutz, in Deutschland die zuständige Fachbehörde für den Schutz vor elektromagnetischer Strahlung, sieht ohne Beweis keinen akuten Handlungsbedarf und fordert eine ganz klar bewiesene Ursache-Wirkungs-Beziehung. Das ist eine Forderung, die nur äußerst schwierig zu erfüllen ist, und deshalb höchstwahrscheinlich nicht sinnvoll ist.

Das Beispiel des Alkohol-Katers nach einer durchfeierten Nacht zeigt warum: Wie genau der Kater entsteht, konnte bis heute nicht wissenschaftlich geklärt werden [50], der Zusammenhang ist aber auch ohne einen wissenschaftlichen Beweis offensichtlich.

Das Bundesamt für Strahlenschutz spricht jedoch die Empfehlung aus, mit Strahlenquellen wie Handys, Tablets und Routern vorsichtig umzugehen und diese besser mit etwas Abstand zu verwenden, sowie beim Kauf eines Handys auf einen niedrigen SAR-Wert zu achten [51]. Leider ist das in der Bevölkerung kaum bekannt.

Gemäß dem Vorsorgeprinzip, also wenn begründeter Verdacht auf Schädlichkeit besteht, müsste die öffentliche Hand längst reagieren – „[d]ie internationalen Gremien haben allerdings bisher darauf verzichtet, Vorsorgeaspekte in ihre Überlegungen mit einzubeziehen“ [52] und auch „bei der Ableitung der geltenden Grenzwerte, die die Grundlage der Standortbescheinigung bilden, hat das Vorsorgeprinzip keine Berücksichtigung gefunden.[53]

Das heißt: Eigenverantwortung übernehmen!

Jeder Bürger hat es jedoch in der Hand, seine eigene Strahlenbelastung im Rahmen seiner Möglichkeiten zu reduzieren. Mit einer überlegten und umsichtigen Handlungsweise beim Kauf und Betrieb von „smarten“ Gegenständen kann man schon einiges an Strahlungsreduktion erreichen.